Umberto Eco erklärt in einem Essay den Faschismus. Er erklärt jedoch nicht, was Faschismus ist; vielmehr zeigt er, dass Faschismus eigentlich mehr als einzelne Richtungen, Ideologien oder Gedanken umfasst. Faschismus ist vielseitig und per Definition nicht immer gleich. Es sei kein starres Gebilde, sondern ein flexibles, oft in sich widersprüchliches Phänomen. Eco definiert jedoch 14 Merkmale, an denen Faschismus wiedererkennbar ist. Diese Unschärfe ist kein Zufall, sondern genau Teil eines faschistischen Problems.
Bei Neofaschisten, also Faschisten in unserer modernen Welt, lässt sich etwas beobachten, worauf Eco in seinem Text eher weniger eingegangen ist: Der Neofaschist ist äusserst medienfixiert – nicht aber per se auf den Inhalt in den Medien, sondern mehr auf die Medien an sich, als Entitäten.
Die Beispiele dafür sind zahlreich. So etwa die AfD, die sämtliche Medien, die ihr nicht übereinstimmen, als „Lügenpresse“ bezeichnet. So auch Donald Trump und sein Regime, die den „konventionellen“ Medienkonzernen den Rücken kehren und stattdessen mit Kleinstmedien anbändeln.
All dies geschieht unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit. So erklärt J. D. Vance, US-Vizepräsident, dass in Europa demokratische Institutionen und das Recht auf freie Meinungsäusserung untergraben würden. Er argumentiert, europäische Staats- und Regierungschefs müssten die öffentliche Meinung wieder aufnehmen. Obwohl dies etablierte Positionen in Frage stellt, solle man sich nicht davor fürchten. Es liegt nahe, dass J. D. Vance damit zum Beispiel meint, Europa müsse eine härtere Migrationspolitik annehmen, wie er es auch in seiner Rede fordert.
Hier wird offensichtlich ein falsches Bild der Meinungsfreiheit und der freien Meinungsäusserung gezeichnet. Es wird als absolutes und uneingeschränktes Recht angesehen, Stuss zu reden. Es herrscht aber längst Konsens: Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die eines anderen beginnt. Dieser Mythos der absoluten Meinungsfreiheit wird künstlich am Leben gehalten.
Dadurch, dass Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung völlig zurecht zu den wichtigsten Grundsätzen unserer Demokratie gehören – und das zu Recht –, können sie mit viel Erfolg instrumentalisiert werden.
Ich nehme an, dass das, was J. D. Vance und Neofaschisten unter unzureichender Meinungsfreiheit verkaufen möchten, die Unterrepräsentation von Meinungen ist, die sie befürworten, in den Medien. Man inszeniert sich als Opfer der Medienwelt und delegitimiert gleichzeitig den politischen Gegner.
Jemand, der nicht versteht oder verstehen möchte, dass Meinungsfreiheit nicht bedeutet, sämtliche Meinungen in Medien gleich zu zeigen, unabhängig von der gesellschaftlichen Meinung dazu, beweist entweder intellektuelle Kurzsichtigkeit oder politischen Kalkül.
Es fällt auf, dass „Meinungsfreiheit“ zunehmend schlicht als Schlagwort verwendet wird: ein leerer Begriff, auf den sich viele gerne berufen, ohne überhaupt zu wissen, was er tatsächlich bedeutet. Die meisten Menschen wollen Meinungsfreiheit – aber nur, solange sie nicht herausfordert oder stört. Sobald echte Meinungsvielfalt sichtbar wird, scheinen viele eher irritiert zu sein.
Faktisch ist Meinungsfreiheit in unseren europäischen Demokratien schlicht nicht in einem solchen Masse bedroht, wie es J. D. Vance – oder auch andere – uns vermitteln wollen.
Beim Herumgoogeln zu diesem Thema stiess ich auf einen Artikel des Online-Magazins Geschichte der Gegenwart. Der*die Autor*in stellt fest, dass „bis zur Übernahme der Medien“ ein scheinbares Eintreten für Meinungsfreiheit das wichtigste Mittel der Faschisten zur Erzwingung von Medienpräsenz ist. Der Artikel schlägt vor, Umberto Ecos 14 Punkten einen fünfzehnten Punkt hinzuzufügen: „Die ewige Fixierung des Faschismus auf seine mediale Repräsentation“.
Umberto Eco erklärt in seinem Essay: „Aber jedes [der 14] einzelnen kann zum Kristallisationspunkt für den Faschismus werden.“ Ein Faschismus, der rund um eine einzelne dieser Eigenschaften gebaut ist, wäre nach Eco immer noch „handlungsfähig“.
Ein Faschismus, der nur auf seine „mediale Repräsentation“ aus ist, sonst aber wenig Inhalt hat, scheint für mich wenig lebensfähig – insbesondere, weil dieser Punkt nicht auf Inhalte eingeht.
Betrachtet man den Inhalt dieser Medienfixiertheit im Bezug auf Ecos 14 Punkte, wird relativ schnell klar, dass die 14 Punkte ausreichen, um den Faschismus zu erkennen. So zum Beispiel Punkt 7, in dem erklärt wird, dass die Besessenheit von einer Verschwörung und die damit entstehende Verstärkung des Feindbildes ein Zeichen des Faschismus ist. In unserer Welt, am Beispiel von J. D. Vance, lässt sich das leicht wiedererkennen: Die momentanen europäischen Regierungen verschwören sich gegen die Normalbürger*innen, indem sie deren Meinungen nicht mehr akzeptieren. Das ist natürlich in deren Rhetorik äusserst gefährlich, da es ein Angriff auf unsere Demokratie sei.
Es ist entscheidend, wachsam zu bleiben in unserer Welt: Wer sorgt tatsächlich für Meinungsfreiheit? Wem nützt politischer Diskurs über Meinungsfreiheit? Welche Meinungen sollen unterdrückt sein?
Reflexion über den Schreibprozess
Ich habe den Artikel vergleichsweise schnell schreiben können, weil ich in einem “Flow” war. Grundsätzlich finde ich das gut, nur denke ich, dass die Struktur leider etwas darunter gelitten hat.
Das Thema für diesen Blog war ursprünglich nicht meine erste Idee, als ich dann schlussendlich auf diese kam, war ich relativ schnell davon überzeugt, dass ich einen Blog darüber schreiben kann.
Da ich den Text nicht in Word o.Ä. geschrieben habe, sondern in einem Programm ohne Autokorrektur, habe ich ChatGPT zur Korrektur des Artikels verwendet. Ich habe diese Prompt genutzt: “Du bist ein hervorrangder Deutschlehrer an einem guten Gymnasium. Der Nachfolgende Text wurde von einem Schüler für seinen Blog geschrieben. Korrigiere ihn hinsichtlich Orthografie, Grammatik und Interpunktion.”
Quellen: JD Vance Rede vom 14.02 bzw. der Wikipedia Artikel darüber Unterrichtsnotizen Umberto Eco, Urfaschismus, 1995 Geschichte Der Gegenwart, Das Fünzehnte Element des Faschismus, Link